Botanischer Wahnsinn: Ein Roman über Familie, Trauma und die Suche nach Normalität

Leon Englers Debütroman "Botanik des Wahnsinns" nimmt den Leser mit auf eine tiefgründige Reise in die Abgründe einer Familie, gezeichnet von psychischen Erkrankungen und dem verzweifelten Versuch, die eigene Identität zu finden. Der Roman beginnt mit einem symbolträchtigen Ereignis: Bei der Zwangsräumung der Wohnung seiner Mutter vertauscht ein Umzugsunternehmen wertvolle Erinnerungsstücke mit altem Abfall. Für den Ich-Erzähler wird dieses Missgeschick zum Sinnbild der dysfunktionalen Familiengeschichte.

Ein Stammbaum des Wahnsinns

Der Erzähler blickt zurück auf einen "Stammbaum des Wahnsinns", der von Generation zu Generation psychische Erkrankungen weitergegeben hat. Die Großmutter litt unter einer bipolaren Störung und unternahm zwölf Suizidversuche. Der Großvater war mit den Problemen seiner Frau und später seiner Tochter überfordert und litt unter Depressionen. Auch die Familie des Vaters ist von Depressionen und Suchterkrankungen gezeichnet.

Die Flucht vor dem Schicksal

Schon früh plagt den Erzähler die Angst, selbst an einer dieser Krankheiten zu leiden. Er flieht aus München, der Stadt seiner Kindheit, und sucht sein Glück in New York und Wien. Doch er erkennt bald, dass Davonlaufen keine Lösung ist. Er beginnt ein Psychologiestudium, in der Hoffnung, die Mechanismen seiner Familie zu verstehen und sich so vor dem eigenen Wahnsinn zu schützen. Ironischerweise landet er schließlich selbst in der Psychiatrie – als Therapeut.

Der Roman ist in kurze Kapitel unterteilt, die zwischen persönlichen Erinnerungen, philosophischen Reflexionen und literarischen Exkursen wechseln. Engler wirft wichtige Fragen auf: Was bedeutet es, ein ‚normaler‘ Mensch zu sein? Wie viel Wahnsinn steckt in uns allen? Und welche Rolle spielt die Familie bei der Prägung unserer Psyche?

"Botanik des Wahnsinns" ist ein bewegender und nachdenklicher Roman, der den Leser lange nach dem Zuklappen des Buches beschäftigt. Ein beeindruckendes Debüt, das zum Nachdenken über die eigene Familiengeschichte und die Definition von Normalität anregt.

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